Bei der Bemusterung eines vermeintlich einfachen MIM-Bauteils waren auf dem gesinterten Teil deutliche Fließmarkierungen an der Oberfläche zu erkennen. Bei dem Bauteil handelt es sich um ein einfaches rundes Bauteil mit gleichbleibender Wandstärke aus einer Titanlegierung. Abbildung 1 zeigt das Bauteil und die Defekte auf der Oberfläche sowohl auf der Düsen- wie auch auf der Auswerferseite.
Ziel des Projektes war es, den Defekt zu erklären und Lösungsansätze für eine Verbesserung zu erarbeiten. In einem ersten Schritt wurde der Istzustand unter Berücksichtigung der in der Produktion verwendeten Prozesseinstellungen nachgestellt. Schnell wurde deutlich, dass die Oberflächendefekte auf lokal unterschiedliche Partikelkonzentrationen zurückzuführen waren. Im Bereich hoher Schergradienten trennen sich Binder und Partikel des eigentlich homogenen Titan-Feedstocks. Diese Trennung führt zu unterschiedlichen Partikelkonzentrationen, die dann weiter durch das Bauteil transportiert werden. An der Oberfläche des Bauteils führen Unterschiede in der Partikelkonzentration spätestens nach dem Sintern zu unterschiedlichem Schwindungsverhalten. Die Oberfläche ist dann nicht mehr homogen, reflektiert das Licht an allen Stellen leicht unterschiedlich und das Gesamtbild wirkt unruhig. Wie auch im vorliegenden Beispiel ist an der Oberfläche häufig der Fortschritt der Fließfront zu erkennen. In der Simulation konnte die Verteilung der Partikelkonzentration gut nachgestellt werden (siehe Abb. 2).
Mit Hilfe der Simulation wurde nicht nur das Fehlerbild nachgestellt, es wurde auch nachgewiesen, dass die Formfüllung des Bauteils und die dabei im Anschnitt auftretende Entmischung zu diesem Fehlerbild führt. Zwar tritt auch im Angussverteiler bereits erste Entmischung auf, diese wird jedoch noch im Verteiler wieder ausreichend homogenisiert.
Nachdem das Problem nachgestellt und verstanden wurde, können mit Hilfe einer virtuellen DoE sinnvolle Lösungsansätze getestet werden. Im Gegensatz zu DoEs an der Spritzgießmaschine bietet die Simulation auch die Möglichkeit, Änderungen im Werkzeug in die Berechnung einzubeziehen. Für dieses Beispiel wurden verschiedene Prozessparameter der Füllphase (Volumenströme) sowie unterschiedliche Angussgeometrien (Position des Anschnitts am Bauteil und Verteilerlänge) variiert.
Der Einfluss der Prozessparameter auf die Entmischung wurde an Hand der Differenz in der Partikel Konzentration bewertet. Ein kleinerer Wert auf der y-Achse ist gleichbedeutend mit weniger Entmischung und einem geringeren Dichteunterschied an der Oberfläche des Bauteils. Auf der x-Achse sind die verschiedenen simulierten Parameter aufgelistet. (Abb. 3)
Bei der Auswertung wird deutlich, dass der gewählte Volumenstrom und somit die Füllzeit des Bauteils einen deutlichen Einfluss auf die Entmischung hat. Längere Füllzeiten führen in diesem Bauteil zu geringeren Schergradienten im Anschnitt und damit zu verringerter Entmischung. Dies verbessert wiederum die Oberflächenqualität des fertigen Bauteils. Die Positionierung der Anbindung hat ebenfalls einen Einfluss auf die Entmischung. Hier ist jedoch kein durchgängiger Zusammenhang zu erkennen, sondern ein Minimum, das eine ideale Position kennzeichnet. Bei einer leicht außermittigen Platzierung der Anbindung ergibt sich die geringste Entmischung und damit die beste Oberfläche. Die Länge des Verteilers hat im betrachteten Bereich kaum einen Einfluss auf die Dichte und kann somit frei gewählt werden.
Mit Hilfe der Simulation wurde das beste Design für die Bauteilanbindung, sowie gute Prozessparameter für dieses Bauteil ermittelt. So konnte die Oberflächenqualität des Bauteils maßgeblich verbessert werden.